Wenn man in einen Zug steigt, dann hat man ein Ziel, das er erreichen möchte. Dafür begibt man sich in einen Wartesaal auf Rädern. Eine Zugfahrt ist Stillstand: Der Bewegungsraum ist eingeschränkt, man ist die meiste Zeit eingesperrt und auf Privatsphäre muss man Großteils verzichten. Am Bahnhof entscheidet man sich für eine Richtung, ab dann liegt das Vorankommen nicht mehr in der eigenen Hand. Denn bis man ankommt, darf und muss man warten. Der Zug zwingt uns mit all seiner Kraft in die Richtung unseres Ziels. Der genaue Weg spielt für uns hierbei überhaupt keine Rolle.
Wenn man zu schönen Orten oder lieben Menschen fährt, dann rollt man langsam aber sicher seinem Ziel entgegen… wir können in diesem abgeschlossenen Raum, in dieser festgelegten Zeit machen, was wir möchten. Ob wir die Zeit nutzen oder nicht, ist unerheblich für die Frage, wann wir ankommen. Wir können vor bis in den ersten Wagen rennen, doch mehr auch nicht. Im Zweifel werden wir am Ziel auch noch feststellen, dass der Ausgang am hinteren Ende des Zuges ist.
Es ist also keine Frage unserer Leistung, wann wir ankommen. Aber wir haben die Möglichkeit, uns die Reisezeit möglichst angenehm zu gestalten. So unaufhaltsam uns ein Zug zu einem schönen Ort bringen kann, so brutal und unnachgiebig erscheint der rollende Zug, wenn man sich mit jeder Minute Fahrt weiter von einem schönen Ort entfernt. Es ist ein Gefühl der Machtlosigkeit, während die starken Motoren der Lokomotive unbeeindruckt vorwärts ziehen.
Doch was ändert das Ziel des Zuges eigentlich daran, was wir während der Fahrzeit machen? Auch wenn uns das Ziel noch so viel Unwohlsein bereiten sollte, so bleibt uns dennoch freigestellt, was wir bis dahin machen.
So ist das auch mit dem Leben.
Die Wahl des Raumes scheint aber eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen, glaube ich der ebenso gelungenen Illustration.
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